„Schade,
dass die Ausführung so schwierig ist. Aber das ist zugleich
eine der
Qualitäten“, schrieb ein bekannter Komponist
über
eine seiner Kantaten.
Dasselbe lässt sich über Bachs Kantaten sagen. Seine
Motetten für zwei
vierstimmige Chöre gehören zum vokaltechnisch
Anspruchsvollsten, was das
Repertoire bereithält. Der Landstuhler Kammerchor meisterte
unter Heribert Molitor beim Adventskonzert am Samstag in der bis auf
den letzten Platz
besetzten St. Andreas-Kirche diese Anforderungen an Stimmumfang,
Intonationssicherheit und Expressivität mit Bravour.
Und was dieser Chor nicht alles zu bieten hat: fragile
Melodiebögen, ätherische Klänge, ein
stufenloses Abblenden der Dynamik, wie von
Geisterhand geregelt. Die Sänger kosten das harmonische
Raffinement dieser Musik
aus. Sie können mit glasklarem, quasi instrumentalem Ton
singen, andererseits ihren Stimmen
aber auch ein warmes Timbre verleihen. Molitor und Bach verlangen ihnen
alles ab - und sie bleiben ihnen nichts schuldig.
Das war sowohl bei der Motette „Fürchte dich nicht,
ich bin
bei dir“ (BWV 228) als auch bei „Singet dem Herrn
ein neues Lied“ (BWV
225) ein einziges Jauchzen und Jubilieren. Und wenn die beiden jeweils
vierstimmigen Chöre gegeneinander sangen, und das bei
großer Begeisterung und
Engagement und toller Phrasierung, geriet man allein vom
Zuhören in Atemlosigkeit.
Dieses Tempo steigerte Molitor sogar noch im Schlusssatz der zweiten
Bach Motette zu einem Hölleninferno. Trotzdem gelang jede
Bindung exakt.
Höchste Präsenz zeigten auch die neun
Instrumentalisten. Sie
begleiteten mit großer Flexibilität und
Elastizität der melodischen
Gestaltung. Besonders die beiden Oboen schwelgten bei der Einleitung zu
Mozarts Motetten „Exsultate,
jubilate“(KV 165) und „Laudate Dominum“
(KV 339) in modulationsreicher
Opulenz, die neben hurtig perlendem Spiel auch ein
einfühlsames Oboen-Melos
nicht scheute.
Ihren großen Auftritt hatte mit Mozarts Motetten die
Sopranistin Daniela Schick. Sie bezauberte mit Reinheit und Feinheit
des Tons, einem
gleichmäßig strömenden
Legato, dynamischer Flexibilität und durch die
Agilität bei der Ausführung von
Verzierungen. Den makellos gehaltenen Ton verstand sie bis zum
schallenden Forte zu verstärken und zurückzunehmen
bis zum
schwebenden, gleichwohl vollen Pianissimo, mit dem sie noch den
Hörer in der letzten Reihe
erreichte. Trotz Bronchitis erlangte ihre Stimme kIangliche Reinheit,
und die
Tonproduktion schien mühelos zu sein.
Aus dem Pianissimo heraus setzte der Chor nach dem Sopran-Solo des
„Laudate Dominum“ mit höchster
Einfühlsamkeit ein
und crescendierte stufenlos. Ein Ausdruck tiefster
Frömmigkeit, der ein Prickeln auf der Haut
verursachte. Auch die abschließenden Weihnachtslieder wirkten
nie
routiniert, dafür emotional involviert und mit dem richtigen
Feeling für die
Stimmungen der Lieder. Langer Beifall.