Die Rheinpfalz, 03. Juni 2008

Elemente moderner Unterhaltung

Kammerchor Landstuhl tauscht den Altarraum der Kirche gegen die Bühne der Stadthalle - Hohes Niveau erneut bewiesen
von Reiner Henn, Photos von Eckhard Richter

Weltliches Konzert in der Stadthalle LandstuhlDass der Kammerchor Landstuhl zu den künstlerisch herausragenden Laienchören in der Pfalz gehört, bestätigte sich auch höchst eindrucksvoll beim Konzert in der Stadthalle Landstuhl. Auch bewahrheitete sich, dass ein solch leistungsstarker, stilistisch vielseitiger und offener Chor auch heute noch - beim Publikum und bei interessierten Vokalisten unserer Region - nichts an Attraktivität eingebüßt hat. Am Samstagabend tauschte der Chor bei seiner Zeitreise durch drei Jahrhunderte den Altarraum mal wieder sehr erfolgreich gegen ein weltliches Programm.

Eigentlich vordergründig nichts besonders Aufregendes, das tun viele Konzertchöre gelegentlich. Doch der Landstuhler Kammerchor bezog dabei geschickt Elemente des "Modern Entertainment", des Showbusiness und der komödiantischen Unterhaltung mit ein und konnte so auch durch die stets lockere, beschwingte Vortragsweise gefallen. Chorleiter Heribert Molitor entdeckte neben seinen bekannten Fähigkeiten als (begleitender) Pianist und Chorerzieher auch sein Faible für die humoristische und gleichwohl informative Moderation, die er rhetorisch sicher und im gemütlichen Plauderton charmant übermittelte.

Eine originelle Präsentation mit dem publikumswirksamen Nacheinander zum Auftakt (Wir machen Musik, Eingangschor und Programm zugleich) rundete ein gefälliges Bild ab, wobei zudem durch die ideenreiche thematische Gliederung in verschiedene Vortragsblöcke mit witzigen Überschriften der Erfolg schon vorprogrammiert war.

So ergaben etwa 30 - bearbeitete und originale - Chorsätze nach Themen von Johann Sebastian Bach bis zum zeitgenössischen Welthit ein kunterbuntes Kaleidoskop weltlicher, konzertanter und unterhaltender Chorliteratur verschiedenster Genres. Bei extrem schweißtreibenden Temperaturen (die auch die Frage der Funktionalität der Lüftungsanlage aufwerfen) war es letztlich ein Mammutprogramm, das man insgesamt sehr ansprechend und immer stilgerecht meisterte, wenn auch letztlich gegen Konzertende erste Zeichen der Anstrengung oder der Unkonzentriertheit ("Killing me soflty" oder "Sailing") zu dem Hinweis verleiten, dass weniger manchmal mehr sein kann...

Ob "Lieder im Volkston" oder Zigeunerlieder von J. Brahms oder Schlager und Chansons der 20er Jahre, der Chor sang im ersten Teil auf durchweg hohem gesangstechnischen Niveau. Ob in der "Ode an die Musik" von Schubert oder im erheiternden Genre zwischen Banalität und Trivialität (Walter Kollos Lied vom Papagei, der keine harten Eier frisst), der Chor traf immer den Nerv der melodischen Aussage und interpretierte dabei treffend vom Text her. Lediglich mit der Wahl der Fassung der Air von Johann Sebastian Bach (aus einer Orchestersuite) im Stile einer Vocalise war man nicht aufs Beste beraten. Weltliches Konzert am 31. Mai 2008

Zunächst konnte der überwältigende Eindruck des ersten Teils zu Beginn des zweiten noch gehalten und sogar gesteigert werden. Eine Fuge mit Wortspielen aus der Geografie von Ernst Toch verlangt eine besonders geschulte Deklamation der textlichen Metrik in der Art eines virtuosen Sprechgesangs und Parlandos. Die enthusiastisch mitgehenden Landstuhler Vokalisten steigerten dieses kompositorische Kleinod zu einem eindrucksvollen Höhepunkt.

Zeitlose Evergreens und grenzenlose Welthits komplettierten dann ein Konzertprogramm, dass an Vielseitigkeit schwerlich zu überbieten ist. Dabei klang der Chor sehr ausgewogen (bis auf eine "solistische" Sopranstimme) und wirkte restlos überzeugend in der subtilen Ausformung aller kompositorischen Details und imponierte durch die stimmliche Reinkultur in allen Stimmlagen bei den meisten Vorträgen. Eine klare Aussprache und melodisch eine chorische Phrasierung zeigen die Aufbauarbeit Molitors.

Ein mitwirkendes Trio in der Art von Jazz-Combos, bestehend aus Klavier (Joachim Pallmann), Kontrabass (Peter Gutmann) und Schlagzeug (Bernd Ulrich), sorgte bei vielen Titeln (allen voran Joe Garlands "In the Mood") für pulsierenden Elan, den nötigen Drive und trug durch das ausgeprägte Stilgefühl wesentlich zum Gelingen dieser Aufführungen bei und sorgte mit vielen gestalterischen Impulsen für eine adäquate Gestaltung.



Wochenblatt, 04. Juni 2008

Gesangliche Höchstleistung

Kammerchor stellt sich einmal "anders" vor - Von "sorglos" bis "grenzenlos"
von Eckhard Richter

Einen "anderen" Kammerchor erlebten die Musikfreunde am Samstag in der Stadthalle Landstuhl.

Mit einem fröhlichen "Hallo to you" zogen die Sängerinnen und Sänger auf der Bühne ein und ließen so bei den ersten Tönen den Funken ins Publikum überspringen. Was die Zuhörerinnen und Zuhörer dann erlebten, war musikalische Höchstleistung.

Alt und Bass in voller KonzentrationDirigent Heribert Molitor hatte der jungen Truppe in unzähligen Übungsstunden alles abverlangt. Und trotzdem. Die Konzentration war jedem der 31 Sängerinnen und Sänger im Gesicht abzulesen. Das Publikum spürte mit wie viel Hingabe und Fröhlichkeit die Beiträge gesungen wurden. Ob mit Liedern der 20er Jahre wie "Ich hab das Fräul`n Helen baden sehn" oder das beeindruckende Lied "Moon River", Volkslieder wie "Horch, was kommt von draußen rein", alle klangen beschwingt, locker, fröhlich.

Konkurrenzlos das "Air" von Johann Sebastian Bach. Hier wurde deutlich, über wie viel Stimmpotential der Kammerchor Landstuhl verfügt. Ein Chor, der weit über die Landesgrenzen ein musikalisches Aushängeschild der Stadt ist.

Dass das bekannte Lied von Joe Garlands "In the Mood" gesanglich ebenso begeistern kann, wie musikalisch durch eine Big Band vorgetragen, erstaunte das Publikum.

Wer bisher die klassischen Konzerte des Kammerchors in der Vorweihnachtszeit genießen durfte, der hörte jetzt einen "anderen" Kammerchor. Einen Chor, der durch seine gesangliche Vielfalt und Stimmgewaltigkeit auf eine ganz andere Art begeisterte.

Stehende Ovationen und mehrere Zugaben waren krönender Abschluß einer musikalischen Glanzleistung.

Joachim Pallmann hatte den Kammerchor am Klavier, Peter Gutmann mit dem Kontrabass und Bernd Ulrich am Schlagzeug begleitet. Ralf Hersina führte mit humorigen Worten durch das Programm.

Und Heribert Molitor?
Wer ihn kennt, weiß: Ein Dirigent aus Leidenschaft. Er formt einen Chor, bis er selbst von der Leistung überzeugt ist. Erst dann geht er an die Öffentlichkeit. Dass dieser Weg oft sehr lang sein kann, hat der Kammerchor sicherlich bei allen Proben in den letzten Wochen zu spüren bekommen. Das Resultat aber war stark:
Echt Molitor mit Chor.

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