Bedenkt man die Vielzahl von Gesangvereinen und Kirchenchören
unserer Region, deren Wurzeln bis zurück ins 19. Jahrhundert reichen, nimmt sich das 30-jährige Bestehen des Kammerchor Landstuhl eher bescheiden
aus. Aber während andere Ensembles teilweise in einer personellen und oft auch Identitätskrise stecken, hat dieser Chor seine hohen künstlerischen
Ideale bewahren können. Das war am Samstag eindrucksvoll beim Jubiläumskonzert in Landstuhls St.-Andreas-Kirche zu erleben.
Mit dieser interpretatorischen Glanzleistung bei zwei vergleichend aufgeführten Messen des 19. Jahrhunderts rückte der bestens disponierte
Kammerchor in die Spitze solcher Musiziervereinigungen auf. Was liegt näher, als das Jubiläum sozusagen mit Glanz und Gloria zu begehen?
Glanz und Gloria prägten auch die Aufführung der "Messa di Gloria" von Giacomo Puccini zum Auftakt: mit den im lichten Glanz erstrahlenden Chorpartien,
die in emphatischem Jubel und dem schwelgerischen Pathos den opernhaften Duktus des Belcanto betonten.
Nach dieser Messe von 1880 mit den abwechselnden Solo-Partien von Tenor und Bass folgte zum Vergleich die "Cäcilienmesse" von Charles Gounod: Fast
zeitgleich (1855) entstanden, erschien sie vielen Mitgliedern der Musikwelt mehr wie eine Dämmerung, die sich über die Kunst legt. In jedem Fall
gaben beide Werke dem Chor reichlich Gelegenheit zur unterschiedlichen harmonischen, klanglichen und melodischen Charakterisierung und
Differenzierung. Während das Ensemble bei Puccini im ganz großen Stil auftrumpfte, die überraschenden Wendungen vehement - aber immer kontrolliert
und diszipliniert - aufgriff, erklang bei dieser Landstuhler Aufführung die Gounod-Messe lyrisch beseelter, über weite Passagen verinnerlichter und entrückter.
Plakativ ausgedrückt: ein klangliches Festival der Sinne, diesseits orientiert beim Italiener und mehr ins Transzendente weisend bei Gounod.
Der künstlerische Leiter Heribert Molitor konnte aber auch dem beteiligten Sinfonieorchester in dieser denkwürdigen Aufführung reizvolle
Klangfarben-Mischungen und melodisch-thematische Kontraste abgewinnen. Hier führte er regionale Musiker aus der Radio Philharmonie, dem
Pfalztheater-Orchester mit Musikpädagogen und Musikstudenten zu einer homogenen Einheit zusammen. Molitor stellt stilistische Unterschiede mit
gestalterischem Nachdruck heraus, konnte etwa bei Puccini eine immense musikalische Spannung aufbauen, steigern und bei Gounod zu pastosen
Klangwirkungen animieren.
Dagegen sprengt ein Satz ("Laudamus te") aus einer Messe von Rossini den zeitlichen Rahmen und fiel auch interpretatorisch - zumindest war
dies bei den Holzbläsern der Fall - etwas ab. Die filigrane Brillanz und Eleganz dieser heiklen Musik wurde bei einigen robust wirkenden Bläsern
nicht ganz getroffen und die ausdrucksvollen melodischen Linien der Sopranistin Daniela Schick wurden manchmal zu kraftvoll übertönt.
Zurück zu Gounod, der die Solisten (neben der Sopranistin noch der Tenor Hans-Jörg Bock und der Bassist Vinzenz Haab) als Ensemble behandelt:
Hier gelang ein hoher Grad der stimmlichen Verschmelzung, das Orchester wirkte filigraner, subtiler und vor allem klanglich sensibler beim Einhören.
Bei Puccini wurden dagegen die solistischen Tenor- und Basspartien nacheinander präsentiert: Der Tenor nahm hier durch seine große Strahlkraft
und Klarheit der Stimmführung für sich ein (vor allem bei seinem ersten Einsatz), und der Bassist konnte sich vor durch seine intonatorische
Reinkultur und die Ausgeglichenheit der Stimme nachdrücklich für weitere konzertante Aufgaben dieser Art empfehlen.
Seit 30 Jahren gibt es in Landstuhl den Kammerchor. Der Musikpädagoge Heribert Molitor gründete den Chor, der seinen Ursprung als Schulchor
im Landstuhler Gymnasium hatte. Nach erfolgreichen, schulischen Auftritten, blieben die jungen Sängerinnen und Sänger zusammen, da alle die
Liebe zum Chorgesang weiterpflegen wollten. In den 30 Jahren kamen neue Stimmen hinzu, andere wiederum gingen. So formte Heribert Molitor im Laufe
der Jahre einen Kammerchor, der zu den stärksten Chören in Rheinland-Pfalz gehört.
Zum 30. Geburtstag hatte der Kammerchor in die St.-Andreas-Kirche eingeladen und beeindruckte mit einem stimmgewaltigen und perfekten
Konzert die Besucherinnen und Besucher im ausverkauften Haus.
Im ersten Teil war das Werk von Giacomo Puccini "Messa di Gloria" für Tenor, Bass, gemischten Chor und Orchester zu hören, gefolgt von
Puccinis "Laudamus te". Der chorischen Meisterleistung folgte die Cäcilienmesse von Charles Gounod.
Sopranistin Daniela Schick überzeugte ebenso wie Tenor Hans-Jörg Bock und Bass Vinzenz Haab, die, wie auch der Kammerchor, vom
Sinfonieorchester begleitet wurden.
Unter der Leitung von Heribert Molitor wurden Chor und Musiker zu Höchstleistungen angespornt. Die renovierte St.-Andreas-Kirche bot hier
einen besonders festlichen Rahmen, der dem Konzert die verdiente Würde gab.
Stehende Ovationen der Gäste am Ende waren dankbare Anerkennung für ein Konzert,welches zu den kulturellen Höhepunkten im Jahr 2011 in der
Sickingenstadt zählen dürfte.