Die Rheinpfalz

Auf den Spuren des letzten Romantikers

Lothar-Sander-Gedächtniskonzert mit dem Kammerchor Landstuhl und Gästen in der Stadthalle
von Walter Falk, Photos von Eckhard Richter

Bild Sanderkonzert „Der Ginsterbusch hängt voller Sonnen, gold'nes Leuchten gehet von ihm aus“, so sangen alle Beteiligten zum krönenden Abschluss, und viele im Saal sangen mit: „Ich bind' mir von den Strahlen einen ries'gen gold'nen Strauß.“ Einen solchen Strauß band am Samstag in der gut besuchten Landstuhler Stadthalle auch der Kammerchor Landstuhl zum Lothar-Sander-Gedächniskonzert und brachte damit die Musik eines der größten Söhne der Sickingenstadt zum Leuchten.

Allein mit dem „Ginsterbusch“ lebt der Musikpädagoge und Komponist in den Herzen vieler Menschen weiter. Tief ins Herz der Zuhörer traf dieses Finale, so dass der musikalische leiter Heribert Molitor das Lied noch einmal wiederholen musste. Aber auch die anderen Werke, die einen kleinen Querschnitt in das Schaffen Sanders dokumentieren, ließen die Zuhörer auf der Stuhlkante sitzen. Anscheinend war Sander der letzte Romantiker, in dessen Liedern (über 100 hat er geschrieben) sich eine spätromantische Konzeption findet: Schwingende Mellismen, chromatische Rückungen, dramatische, manchmal auch witzig-liebevolle Effekte kennzeichnen seinen Stil. Beispiel: der Chorsatz „Wie der Wind heult". Verströmende Farbenfreude, bejahende Diesseitigkeit prägen die Komposition. Und Lautmalerei. Sander - und natürlich sein Interpret heribert Molitor als Dirigent - lassen den Wind in unglaublich dynamischer Gestaltung brausen und heulen und stöhnen, um schließlich wie ein sanftes Frühlingslüftchen verwehen. Behutsames Lauschen nach innen hingegen im „Lied des Falters“ und „Ich stand beim Sternenscheine“, Kompositionen, die von heimlichen Zärtlichkeiten beben. Jedes Lied ist dicht, voller überraschender Wendungen. Bestes Kunsthandwerk.

Der Landstuhler Kammerchor meisterte die extremen Anforderungen an Stimmumfang, Intonationssicherheit und Expressivität mit äußerster Bravour. Und was der Chor nicht alles zu bieten hat: fragile Melodiebögen, ätherische Klänge, ein stufenloses Abblender der Dynamik, wie von Geisterhand geregelt. Die Sänger kosteten das harmonische Raffinement dieser Musik aus, ihre Feinheiten Valeurs.

Nicht anders das Quartett, das Kostproben aus Sanders kammermusikalischem Schaffen demonstrierte. Da standen im Tongerüst der „Humoreske“, des „Andante“ oder des „Tango“ mächtige harmonische Pfeiler; aber zwischen ihnen spannen sich Netze und Ketten, über deren feine Fäden ganze Akkordmassen anmarschiert kamen. Wilfried Gödde und Lorenz Franz (Violinen), Peter Bosle (Violonchello) sowei Heribert Molitor (Klavier) agierten nirgends auch nur ansatzweise spektakulär, sondern ließen die Musik organisch atmen und schwingen - und das geschmeidig und sehr klangbewußt. Da gediehen auf nährstoffreichem Humus durch liebevolle Pflege und ganz ohne künstliche Düngemittel zarte Pflänzchen von natürlicher Schönheit. Ein subtil ausgehörtes Kammerspiel der dezenten Töne, minutiösen Nuancen, vielfältig schattierten Farben war es auch, was Molito (Klavier) und Bosle (Cello) mit dem „Noturno“ sowie Molitor und Lorenz Franz (Violine) mit der „Romanze“ demonstrierten. Bestechend auch hier die Akkuratesse und Sensibilität des Musizierens, das jede Übertreibung strikt vermied und nur darauf abgestimmt war, diese kostbare Musik zum Leuchten zu bringen.

Voller Sonnen hingen auch die Liedvorträge von Daniela Schick. die mit ihrem glockenreinen Sopran und dem sanften Vibrato in der Stimme überzeugte. Auch die gewaltigen Tonsprünge, die Sander immer wieder in seine Lieder als Überraschungseffekte einbaute, meisterte sie mit Bravour. Molitor begleitete dabei am Klavier mit höchster Anschlagskultur. Da auch Stefan Kunz als Klavierbegleiter und Eva-Maria Bender als Dirigentin des Frauenchors ihr Bestes gaben, war der Sander-Abend eine rundum gelungene Sache. Eine Wiederholung hätten alle Beteiligten verdient - und dann vielleicht noch etwas mehr Zuhörer. Ein plastisches Porträt Sanders zeichnete mit feinen, sensiblen Worten Theo Schohl. „Musik ist der Atem der Seele“, meinte Bürgermeister Klaus Grumer bei der Begrüßung. Den spürte man an diesem Abend ganz deutlich.

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