Die Rheinpfalz, 19.12.2011

Weihnachtsoratorium mit Überraschungen

Kammerchor Landstuhl in der St.-Andreas Kirche
von Reiner Henn, Photos von Eckhard Richter

Adventskonzert in St.-Andreas-Kirche Landstuhl Wer Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium in diesen Tagen aufführt, setzt sich zwangsläufig Vergleichen mit prominenten Solisten und professionellen Kräften aus. Diesen brauchte aber die Landstuhler Aufführung einer komprimierten Fassung sämtlicher sechs Kantaten nicht zu scheuen. Der künstlerische Leiter Heribert Molitor wusste offenbar um diese latente Gefahr und wartete mit einigen Überraschungen auf.

Molitor gelang es vom ersten Ton bis zur letzten Fermate eine immense interpretatorische und klangliche Spannung aufzubauen, zu entwickeln und noch zu steigern. Dazu kamen bei dem barocken klanglichen Dreigestirn aus Chor, Orchester und Vokal- sowie Instrumentalsolisten präzise musikalische Abläufe: Da waren keine Bruchstellen bei Überleitungen zu hören, da setzten alle sicher und auf den Schlag genau ein, da stimmte die klangliche Ausbalancierung und da wurde gemeinsam akzentuiert und prägnant artikuliert, etwa beim Tripeltakt des Eröffnungschores

Kurz: Eine Aufführung in harmonischer Übereinstimmung bei konsequentem Aufgreifen gestalterischer Initiativen.

Molitor ging interpretatorisch von der Prämisse aus, dass dieses Werk eine Verjüngungskur hinsichtlich musikantischem Schwung und auftrumpfender emphatischer Gestaltungsweise gebrauchen kann. Molitor setzte daher auf sehr bewegte, mitreißende Tempi und die wurden gehalten und alles wirkte daher in straffer Führung, akkurat in der federnden Betonung und alles subtil aufeinander abgestimmt.

Die Solisten Hans-Jörg Bock, Daniela Schick, Judith Braun und Vinzenz Haab

Ob homophon oder polyphon (fugiert, imitatorisch) oder syllabisch bei den Chorälen sowie melismatisch bei den Turba-Chören, der bestens disponierte Kammerchor Landstuhl übertraf noch die hohen Erwartungen. Er gestaltete mit Hingabe, mit schwärmerischem Enthusiasmus: fast so romantisierend, als wäre Bach ein Mendelssohn geschenkt worden. Und doch noch im Rahmen des durchaus stilistisch Vertretbaren.

Dies gilt auch für den als Evangelist überzeugenden Tenor Hans-Jörg Bock, der seine Rezitative gar nicht trocken und schablonenhaft gestaltete, sonder diesen etwas eigenwillig in der Dynamik und Diktion - aber sehr gefällig - mehr Leben als gewohnt einhauchte.

Idealbesetzungen waren die Altistin Judith Braun, ausgestattet mit dem Glanz traumhafter melodischer Höhenflüge und dem mit Bodenhaftung dazu kontrastierend gestaltenden Bassisten: Vinzenz Haab lebte seine Partien als Soliloquent mit großer Expressivität aus und wirkte beim Wechselspiel aus Rezitativen und Arien sehr souverän und stilsicher in der Ausführung melismatischer Verzierungen und gefiel zudem durch die hohe Textverständlichkeit.

Das leider nicht näher bezeichnete Orchester war mit regionalen Künstlern der Radio-Philharmonie und mit Musikpädagogen besetzt. Trotzdem fand es sich ebenfalls zu einem homogenen Klangkörper zusammen. Auch dieser Klangkörper setzte alle Impulse Heribert Molitors vorzüglich um. Ob im Solo oder Continuo, im Concertino (solistisch wirkende Instrumentalgruppe) oder im nahtlosen Tutti - alles hatte hohes künstlerisches Format und strahlte im orchestralen Glanz mit der erst kürzlich restaurierten und wieder eingeweihten spätbarocken St. Andreaskirche, die ab 1752 gebaut wurde, um die Wette.



Wochenblatt, 21. Dezember 2011

Ein musikalischer Weihnachtsgenuss

Kammerchor, Solisten und Orchester ernten stehende Ovationen
von Eckhard Richter

Chorleiter Heribert Molitor Der Landstuhler Kammerchor unter der Leitung von Heribert Molitor, ein Orchester und fünf großartige Solisten haben am vergangenen Samstag die Weihnachtszeit in die Herzen der Menschen getragen. Die großartig renovierte St.-Andreas-Kirche war hierfür ein würde- und stimmungsvolles Konzerthaus.

Heribert Molitor hatte in diesem Jahr das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach ausgewählt, eines der schönsten und beeindruckendsten Werke der Weihnachtszeit. Es erzählt die Weihnachtsgeschichte und verpackt sie musikalisch in viele kleine Stationen. Die Solisten Daniela Schick und Katharina Maurer (Sopran), Judith Braun (Alt), Hans-Jörg Bock (Tenor) und Vinzenz Haab (Bass) sangen die verbindenden Elemente zur Geschichte, welche der Kammerchor mit großer, stimmgewaltiger Wärme ergänzte und ausfüllte. Ein Chor, der zu den besten Chören der Pfalz zählt und auf eine 30-jährige Chorgeschichte zurückblicken kann.

Kammerchor Landstuhl Das Orchester rundete die einzelnen Teile ab, verlieh ihnen zusätzlich einen festlichen Charakter.

Am Ende brauste ein nicht enden wollender Applaus der vielen Menschen los, die damit ihre Freude und Dankbarkeit zu einem besonderen Vorweihnachtskonzert zum Ausdruck brachten. Eigentlich, so Heribert Molitor, sollte dieses Konzert ohne Zugabe enden. Doch der herzlich gemeinte Applaus mit stehenden Ovationen veranlasste ihn, das Lied "Oh Du fröhliche" und "Stille Nacht" zusammen mit Chor, Solisten Orchester und Gästen anzustimmen. Mit diesen vorweihnachtlichen Impressionen verließen die Zuhörerinnen und Zuhörer das Konzert, tauchten in eine besinnliche und stille Adventszeit ein.

Das Weihnachtsoratorium des Kammerchors gehörte auch 2011 zu den Höhepunkten der Landstuhler Konzerte. Seit Wochen war das Haus ausverkauft, was die Besonderheit dieses Kulturereignisses in der Sickingenstadt verdeutlicht.

Dem gesamten Ensemble ist es mit dem Weihnachtsoratorium gelungen, den Menschen ein Stück Ruhe und Besinnlichkeit in einer hektischen Zeit zu schenken. Einen Blick auf den Heiligen Abend.

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