Die Rheinpfalz , September 2002

Weiter Bogen der Emotionen

Kammerchor Landstuhl unter der Leitung von Heribert Molitor in der Stadthalle Landstuhl
von Walter Falk

„Portamento“ ist die Bezeichnung für das gleitende Ansingen eines Tones und für den gleitenden Übergang von einem Ton in den anderen. Es spricht für den Gefühlsausdruck der Männer des Kammerchors Landstuhl, wenn sie ab und an in den richtigen Ton hinein "rutschen". Bloß beim Singen im Chor ist das Portamento in der Regel tunlichst zu vermeiden. Das war aber auch schon der einzige Makel, der diesem Chor bei seinem Konzert am Samstagabend in der nahezu ausverkauften Landstuhler Stadthalle anzukreiden war.

Ansonsten bewiesen die Chormitglieder unter Heribert Molitor ein Höchstmaß an Disziplin, Koordination und wacher Konzentration. Motto:„Wir machen Musik.“ Da ging zwar niemandem Der Hut hoch, die Luft blieb dem Zuhörer jedoch schon zuweilen weg.

Das bunt gemischte Programm bot für jeden Geschmack etwas. Da wunderte man sich, besonders bei Bachs „Bourrée“, wie einfach hier klingt, was doch so immens schwierig darzustellen ist. Der Schulterschluß zwischen der melodischen Linie und ihrer polyphonen Vernetzung gerät nicht nur klar, sondern wirkt ganz leicht, ganz selbstverständlich und natürlich, mit der diese hochkomplexe Musik hier zum Klingen gebracht wird. Dass Bach, obwohl er ganz ernst genommen wird, so sehr ins Schweben geraten könnte, ist ansonsten höchstens von absolut professionellen Chören her bekannt.

Facettenreich und lebendig die Madrigale „An hellen Tagen“ von Gastoldi und „Drei schöne Dinge fein“ von Friderici. So spannt Molitor einen weiten Bogen der Emotionen und gibt jedem Lied einen ganz persönlichen Tonfall. Es gelingt ihm auch, die schlichten Volkslieder von Rheinberger, Brahms oder Walter Rein mit Verve und Temperament aufzuladen. Mit exzellenter Intonation und fein geführter Gestaltungskraft lassen die Sängerinnen und Sänger die Loewe-Ballade „Im Vorübergehen“ mit erzählerischer Eleganz und runder Tongestaltung erscheinen. Für die ausgezeichnete Wortdeutlichkeitist der Zuhörer gerade bei diesem Genre besonders dankbar. Und die Sinnlichkeit des Wohlklanges weiß er ebenfalls mit viel Applaus zu würdigen.

Nahezu zungenbrecherische Vokalartistik bewies das Ensemble bei Hugo Distlers Feuerreiter und Carl Orffs „Ecce gratum“ aus der „Carmina burana“. Elegant und virtuos zugleich umschifft es die vertracktesten rhythmischen und harmonischen Klippen. Da glücken Interpretationen, die man, für unsere Region zumindest, als maßstabsetzend bezeichnen kann. Denn Kunstfertigkeit paart sich hier mit Natürlichkeit, das Gespür für balladeske Dramatik mit volksliedhafter Schlichtheit. Erstaunlich breit das Ausdrucksspektrum, das ausgelotet und das doch nie die fragilen Grenzen verletzt, die das Genre des geselligen Chorgesangs setzt.

Das beweisen gerade auch die Titel des zweiten Teils, als die Formation ins Pop-Genre überging und Titel von den „Beatles“, Freddie Mercury und den „Comedian Harmonists“ interpretierte. Da wurden die musikalischen Charaktere mit nuanciertem Raffinement gespiegelt, und besonders die Frauenstimmen betörten durch makellose Reinheit und Geschlossenheit.



Wochenblatt, September 2002

Der „andere“ Kammerchor

Landstuhl: Großartiges Konzert in der Stadthalle - Zuhörer begeistert

In der bis fast auf den letzten Platz besetzten Stadthalle Landstuhl bot der Karnmerchor Landstuhl unter Leitung von Heribert Molitor am letzten Augustwochenende ein Konzert der besonderen Art: Angefangen von der veränderten Bestuhlung im Saal, einem interessanten, abwechslungsreichen, mit Kuriositäten gefüllten Programm, bis hin zu dem Auftreten der Sängerinnen und Sänger und dem Ablauf des Konzertes.

Der Pianist nimmt am Flügel Platz und beginnt zu spielen, der Dirigent kommt hinzu, ordnet noch Noten; hat das Konzert bereits angefangen? Jetzt zieht der Chor aus verschiedenen Richtungen kommend, unisono singend ein, versammelt sich auf der Bühne, schließlich erklingt die bis jetzt einstimmig gesungene Bourrée von Johann Sebatian Bach in einer vierstimmigen, leicht verjazzten Fassung mit Klavierbegleitung. Das Konzert hat also doch begonnen.

Es folgen vier- bis sechsstimmige Madrigale und Volksliedsätze, Chorwerke von Hugo Distler und Carl Orff, Filmmelodien von Peter Igelhoff, Peter Kreuder und Werner Bachmann. Der zweite Teil des Konzertes beginnt mit Kompositionen (drei Liebeslieder-Polkas für vierstimmigen Chor und Klavier zu fünf Händen) von P.D.Q. Bach, einem Komponisten, den es überhaupt nicht gab. Er ist eine Erfindung des amerikanischen Professors und Komponisten Peter Schickele. Anschließend erklingen „This World“ aus der Kurzoper „Candide“ von Leonard Bernstein, „Yesterday“ von den Beatles und „Bohemian Rhapsodie“ von Freddie Mercury, ein Titel, mit dem die Gruppe „Queen“ große Erfolge feierte. Den Abschluß des Konzerts bilden fünf Lieder der legendären "Comedian Harmonists", die der Kammerchor in den sehr anspruchsvollen Originalsätzen einstudiert hatte. Nach der mit viel Lob bedachten Aufführung des deutschen Requiems von Johannes Brahms im Frühjahr in Kaiserslautern, gelang dem Kammerchor Landstuhl mit diesem weltlichen Konzert ein zweiter musikalischer Erfolg in diesem Jahr. Von Anfang an bewiesen die Chormitglieder ein Höchstmaß an Disziplin, Koordination und wacher Konzentration. Exzellente Intonaton, fein geführte Gestaltungskraft, ausgezeichnete Wortdeutlichkeit und ein breites Ausdrucksspektrum kennzeichneten den Klang des Kammerchors. Bei der Einstudierung des Programms wurde Heribert Molitor von Eva-Maria Bender, der stellvertretenden Chorleiterin, sowie von Susanne Schröder und Thomas Lill unterstützt.

Ganz wesentlich zum Erfolg dieses Konzertes trug der Pianist Joachim Pallmann bei. Er gehört zu den Gründungsmitgliedern des Kammerchors Landstuhl, dem er von Anfang an in einer Vielzahl von Konzerten, Rundfunkaufnahmen und CD-Einspielungen als souveräner musikalischer Begleiter zur Seite stand. Auch an diesem Abend bestach er wieder durch eine hochentwickelte musikalische Sensibilität und bot eine pianistisch-technische Glanzleistung - absolut sicher, wo der Notentext vorgegeben war, mit viel Spielwitz und pfiffigen Ideen, wo die Begleitung die Möglichkeit der Improvisation bot.

Die Harmonie zwischen Pianist, Chor und Dirigent war spürbar und bot ein stabiles Fundament für erfolgreiches, musikalisches Wirken.

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