„Portamento“ ist die Bezeichnung für das gleitende Ansingen
eines Tones und für den gleitenden Übergang von einem Ton in den anderen. Es
spricht für den Gefühlsausdruck der Männer des Kammerchors Landstuhl, wenn sie
ab und an in den richtigen Ton hinein "rutschen". Bloß beim Singen im Chor ist
das Portamento in der Regel tunlichst zu vermeiden. Das war aber auch schon der
einzige Makel, der diesem Chor bei seinem Konzert am Samstagabend in der nahezu
ausverkauften Landstuhler Stadthalle anzukreiden war.
Ansonsten bewiesen die Chormitglieder unter Heribert Molitor
ein Höchstmaß an Disziplin, Koordination und wacher Konzentration. Motto:„Wir
machen Musik.“ Da ging zwar niemandem Der Hut hoch, die Luft blieb dem Zuhörer
jedoch schon zuweilen weg.
Das bunt gemischte Programm bot für jeden Geschmack etwas. Da
wunderte man sich, besonders bei Bachs „Bourrée“, wie einfach hier klingt, was
doch so immens schwierig darzustellen ist. Der Schulterschluß zwischen der
melodischen Linie und ihrer polyphonen Vernetzung gerät nicht nur klar, sondern
wirkt ganz leicht, ganz selbstverständlich und natürlich, mit der diese
hochkomplexe Musik hier zum Klingen gebracht wird. Dass Bach, obwohl er ganz
ernst genommen wird, so sehr ins Schweben geraten könnte, ist ansonsten
höchstens von absolut professionellen Chören her bekannt.
Facettenreich und lebendig die Madrigale „An hellen Tagen“ von
Gastoldi und „Drei schöne Dinge fein“ von Friderici. So spannt Molitor einen
weiten Bogen der Emotionen und gibt jedem Lied einen ganz persönlichen Tonfall.
Es gelingt ihm auch, die schlichten Volkslieder von Rheinberger, Brahms oder
Walter Rein mit Verve und Temperament aufzuladen. Mit exzellenter Intonation und
fein geführter Gestaltungskraft lassen die Sängerinnen und Sänger die
Loewe-Ballade „Im Vorübergehen“ mit erzählerischer Eleganz und runder
Tongestaltung erscheinen. Für die ausgezeichnete Wortdeutlichkeitist der Zuhörer
gerade bei diesem Genre besonders dankbar. Und die Sinnlichkeit des Wohlklanges
weiß er ebenfalls mit viel Applaus zu würdigen.
Nahezu zungenbrecherische Vokalartistik bewies das Ensemble bei
Hugo Distlers Feuerreiter und Carl Orffs „Ecce gratum“ aus der „Carmina burana“.
Elegant und virtuos zugleich umschifft es die vertracktesten rhythmischen und
harmonischen Klippen. Da glücken Interpretationen, die man, für unsere Region
zumindest, als maßstabsetzend bezeichnen kann. Denn Kunstfertigkeit paart sich
hier mit Natürlichkeit, das Gespür für balladeske Dramatik mit volksliedhafter
Schlichtheit. Erstaunlich breit das Ausdrucksspektrum, das ausgelotet und das
doch nie die fragilen Grenzen verletzt, die das Genre des geselligen Chorgesangs
setzt.
Das beweisen gerade auch die Titel des zweiten Teils, als die
Formation ins Pop-Genre überging und Titel von den „Beatles“, Freddie Mercury
und den „Comedian Harmonists“ interpretierte. Da wurden die musikalischen
Charaktere mit nuanciertem Raffinement gespiegelt, und besonders die
Frauenstimmen betörten durch makellose Reinheit und Geschlossenheit.
In der bis fast auf den letzten Platz
besetzten Stadthalle Landstuhl bot der Karnmerchor Landstuhl unter Leitung von
Heribert Molitor am letzten Augustwochenende ein Konzert der besonderen Art:
Angefangen von der veränderten Bestuhlung im Saal, einem interessanten,
abwechslungsreichen, mit Kuriositäten gefüllten Programm, bis hin zu dem
Auftreten der Sängerinnen und Sänger und dem Ablauf des Konzertes.
Der Pianist nimmt am Flügel Platz und beginnt zu spielen, der
Dirigent kommt hinzu, ordnet noch Noten; hat das Konzert bereits angefangen?
Jetzt zieht der Chor aus verschiedenen Richtungen kommend, unisono singend ein,
versammelt sich auf der Bühne, schließlich erklingt die bis jetzt einstimmig
gesungene Bourrée von Johann Sebatian Bach in einer vierstimmigen, leicht
verjazzten Fassung mit Klavierbegleitung. Das Konzert hat also doch begonnen.
Es folgen vier- bis sechsstimmige Madrigale und Volksliedsätze,
Chorwerke von Hugo Distler und Carl Orff, Filmmelodien von Peter Igelhoff, Peter
Kreuder und Werner Bachmann. Der zweite Teil des Konzertes beginnt mit
Kompositionen (drei Liebeslieder-Polkas für vierstimmigen Chor und Klavier zu
fünf Händen) von P.D.Q. Bach, einem Komponisten, den es überhaupt nicht gab. Er
ist eine Erfindung des amerikanischen Professors und Komponisten Peter
Schickele. Anschließend erklingen „This World“ aus der Kurzoper „Candide“ von
Leonard Bernstein, „Yesterday“ von den Beatles und „Bohemian Rhapsodie“ von
Freddie Mercury, ein Titel, mit dem die Gruppe „Queen“ große Erfolge feierte.
Den Abschluß des Konzerts bilden fünf Lieder der legendären "Comedian
Harmonists", die der Kammerchor in den sehr anspruchsvollen Originalsätzen
einstudiert hatte. Nach der mit viel Lob bedachten Aufführung des deutschen
Requiems von Johannes Brahms im Frühjahr in Kaiserslautern, gelang dem
Kammerchor Landstuhl mit diesem weltlichen Konzert ein zweiter musikalischer
Erfolg in diesem Jahr. Von Anfang an bewiesen die Chormitglieder ein Höchstmaß
an Disziplin, Koordination und wacher Konzentration. Exzellente Intonaton,
fein geführte Gestaltungskraft, ausgezeichnete Wortdeutlichkeit und ein breites
Ausdrucksspektrum kennzeichneten den Klang des Kammerchors. Bei der
Einstudierung des Programms wurde Heribert Molitor von Eva-Maria Bender, der
stellvertretenden Chorleiterin, sowie von Susanne Schröder und Thomas Lill
unterstützt.
Ganz wesentlich zum Erfolg dieses Konzertes trug der Pianist
Joachim Pallmann bei. Er gehört zu den Gründungsmitgliedern des Kammerchors
Landstuhl, dem er von Anfang an in einer Vielzahl von Konzerten,
Rundfunkaufnahmen und CD-Einspielungen als souveräner musikalischer Begleiter
zur Seite stand. Auch an diesem Abend bestach er wieder durch eine
hochentwickelte musikalische Sensibilität und bot eine pianistisch-technische
Glanzleistung - absolut sicher, wo der Notentext vorgegeben war, mit viel
Spielwitz und pfiffigen Ideen, wo die Begleitung die Möglichkeit der
Improvisation bot.
Die Harmonie zwischen
Pianist, Chor und Dirigent war spürbar und bot ein stabiles
Fundament für erfolgreiches, musikalisches Wirken.